Leipzig: Bücher

 
   Jürgen Weiß,  Leipzig   /   weiss@eagle-leipzig.de

 

(( Quelle: EAGLE 050  /  www.eagle-leipzig.de/050-kraemer-weiss.htm  ))

 

A. Ackermann-Teubner – A. Giesecke-Teubner – W. Oltmanns:

Schulbücherverlag – Zerstörung – Neubeginn

  

Größer kann der Gegensatz wohl kaum sein: zwischen der Zerstörung der Leipziger Firmengebäude B. G. Teubner im innerstädtischen Areal Poststraße / Querstraße / Teubners Hof / Georgiring vom Dezember 1943 und der festlichen Einweihung eben jenes neuen Firmengebäudes Postraße 3-5 im Februar / März 1911. Projektiert von Lossow & Kühne in Dresden, den Erbauern des Leipziger Hauptbahnhofes, war nahe am Augustusplatz Teubners neues Firmengebäude von 66 m Straßenfront (Sandsteinfassade) und 8 Geschossen (zwei Kellergeschosse mit feuerfestem Archiv, ein Dachgeschoss) entstanden, das seinesgleichen in Deutschland suchte. 

Vor allem dem Seniorchef, Hofrat Alfred Ackermann-Teubner (1857-1941), Enkel des Firmengründers B. G. Teubner, Ehrendoktor der Universität Greifswald und der TH Darmstadt, Mitglied des Gründungsvorstandes des Deutschen Museums in München, Senior des Domkapitels zu Wurzen, mehr als anderthalb Jahrzehnte Schatzmeister der DMV, gelang es, den mathematischen Verlagszweig umfassend auszubauen und enge, fruchtbare Kontakte mit führenden Wissenschaftlern zu pflegen, unter anderem auch mit Felix Klein. Im Jahre 1916 zog sich Alfred Ackermann-Teubner aus dem aktiven Geschäft der Firma B. G. Teubner zurück. Einen Tiefpunkt erlebten Verlagswesen und Buchhandel dann im Zeitraum vom Ende des ersten Weltkriegs bis zur Mitte der zwanziger Jahre: Geldentwertung, äußerst geringe Qualität des Druckpapiers, steigende Herstellungskosten, Teuerungszuschläge für Bücher und Broschüren, explodierende „Schlüsselzahlen“ (bis zu 100 Milliarden), mit denen 1922/23 der Grundpreis des Buches zu multiplizieren war, um den aktuellen Ladenpreis zu ermitteln. Diese täglich mit dem Börsenverein abzustimmenden Schlüsselzahlen wurden bei Teubner in der Poststraße allmorgendlich in die einzelnen Abteilungen hineingerufen. Hinzu kamen vielfältige Probleme mit den extrem schwankenden Auslandspreisen und natürlich auch „Honorarkämpfe“ mit verschiedenen Autoren. 

Zu jener Zeit gelang es dem Springer-Verlag in Berlin, wichtige Buchprojekte und Zeitschriften von mehreren Verlagen zu übernehmen und – verdienstvollerweise – weiterzuführen. Namhafte Autoren und Herausgeber wechselten damals von Teubner zu Springer. Der entscheidende Einschnitt war dabei der Übergang der „Mathematischen Annalen“ von B. G. Teubner an Julius Springer in Berlin. Teubner hatte im 79. Annalen-Band 1919 offiziell mitgeteilt: „Wie alle wissenschaftlichen Zeitschriften, die in beschränkter Auflage erscheinen und ihre Abonnenten zum großen Teil im Ausland haben, so sind auch die Annalen durch den Ausfall dieser, wie andrerseits durch die sich ins Ungemessene steigernden Herstellungskosten in ihrer Weiterführung schwer betroffen. Der Verlag will auch weiterhin die so beträchtlich erhöhten Opfer nicht scheuen … Redaktion und der Verlag bitten darum den schwierigen Verhältnissen gegenüber, die auf das regelmäßige Erscheinen und den Umfang der Hefte nicht ohne Einfluß bleiben konnten, gütige Nachsicht zu üben und sie in ihrem Bestreben, den Annalen über die schwierigen Zeiten hinwegzuhelfen, zu unterstützen.“ Bezogen auf genau diese Bitte von B. G. Teubner schreibt [Sarkowski, H.: Der Springer-Verlag. Teil I: 1842-1945. Berlin: Springer 1992, S. 261-262]: „Die Göttinger Herausgeber Felix Klein und David Hilbert sowie Otto Blumenthal als ,Geschäftsführender Herausgeber‘ waren weniger nachsichtig, als diese Notiz vermuten lässt … Die Herausgeber hatten schon einige Monate vorher Kontakt zu Springer aufgenommen, und bereits am 23. Februar 1920 einen Verlagsvertrag geschlossen.“ 

In den zwanziger, dreißiger Jahren entwickelt sich B. G. Teubner Leipzig und Berlin nun zum führenden deutschen Verlag für Schulbücher und Berufsschulliteratur. Ernst Bardeys bearbeitete Schriften erreichen ungeahnte Auflagenhöhen, und Teubner kauft noch mehrere Schulbuchverlage hinzu (u. a. G. A. Gloeckner, Leipzig, und Hölder-Pichler-Tempsky, Wien). Maßgebende Führungspersönlichkeit im Unternehmen war über fünf Jahrzehnte Alfred Giesecke-Teubner (1868-1945), Urenkel des Firmengründers B. G. Teubner. Über den stetig anwachsenden Teubnerschen Schulbücherverlag schreibt Prokurist Werner Oltmanns [Oltmanns 1938, S. 5, 6]: „Man wartete damals auf die Schulreform …, für die dann erst 1925 die Richtlinien erschienen. Ostermann, Lietzmann, das Döbelner Lesebuch, Grimsehl und Henniger waren damals die Hauptunterrichtswerke, Bücher, die allen alten und manchem jungen Teubnerianer noch geläufig sind, wenn auch heute alles nur unter einer Nummer läuft ... Als die Schulreform von 1925 den Verlag zur Schaffung neuer Lehrbücher auf allen Unterrichtsgebieten der höheren und mittleren Schule zwang, wuchsen die Aufgaben der Schulbücherabteilung in nie vorhergesehenem Maße.“

 


Firmengebäude B. G. Teubner in der Leipziger Poststr. 3-5 (Neubau 1911).

Im Hintergrund: Neues Theater am Augustusplatz (dort steht heute das Opernhaus).
Am linken Bildrand: Seitenfront des Postgebäudes am Augustusplatz

 

 

Gratulationsadresse der Redaktion der Mathematischen Annalen zum Teubner-Firmenjubiläum 1911

 

 

 

Franke, Traugott (Dresden): Lehrbuch des descriptiven Geometrie, Erstes Heft.
Leipzig: B. G. Teubner 1849.

Dies ist das erste bei Teubner erschienene mathematische Werk

 

 

Benedictus Gotthelf Teubner (1784-1856)